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  • Andreas Thielmann

Für Berechnung von Schadensersatz ist auch patentfreies Ausland von Belang

BGH-Leitsatzentscheidung vom 7. Mai 2024

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer Leitsatzentscheidung am 7. Mai 2024 zur Berechnung von Schadensersatzansprüchen geäußert (Az. X ZR 104/22, Verdampfungstrockneranlage). In der Sache ging es um die Verletzung eines europäischen Patents, das eine Anlage zum Trocknen durch überhitzten Dampf betrifft und in vielen europäischen Staaten validiert ist. Ein dänischer Anlagenbauer als ausschließlicher Lizenznehmer des betreffenden Patents hatte gegen einen deutschen Konkurrenten geklagt.

Die Beklagte steuerte das Projekt aus Deutschland heraus, konstruierte die Anlage, bewarb sie und erzielte hier auch den Gewinn. Errichtet wurde die Anlage jedoch bei einem Kunden der Beklagten in Schweden, wo das Patent keine Wirkung (mehr) hat. Die Klägerin führte in Braunschweig, dem Sitz der Beklagten, ein Besichtigungsverfahren nach § 140c PatG durch. Das Landgericht (LG) Düsseldorf und das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatten die Beklagte wegen Patentverletzung aufgrund des Anbietens der verletzenden Anlage in Deutschland (bereits im Jahr 2012) verurteilt.

Die Klägerin klagte im Höheverfahren vor dem Landgericht Braunschweig auf Feststellung der Zahlung von Schadensersatz. Das LG und das OLG Braunschweig lehnten die Zahlung von Schadensersatz ab. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Nach einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde kam der BGH im Revisionsverfahren zu dem Schluss, dass die Gewinne aus der Durchführung eines Vertrags, der in ursächlichem Zusammenhang mit einem patentverletzenden Angebot steht, bei der Berechnung des Schadensersatzes auch dann zu berücksichtigen sind, wenn der Vertrag im patentfreien Ausland ausgeführt wurde. Weiterhin besteht laut BGH ein Schadensersatzanspruch auch dann, wenn die Beklagte dasselbe wirtschaftliche Ergebnis angeblich auch durch nicht patentverletzende Handlungen hätte erzielen können. Zudem könne der Kläger die Berechnungsart „angemessene Lizenzgebühr“ auch dann wählen, wenn es in der Branche keine einschlägige Lizenzierungspraxis gibt.

Beteiligte Rechtsanwälte waren Dr. Anton Horn, Birthe Struck und Dr. Sabine Dethof (alle HEUKING). Auf Patentanwaltsseite wirkten die dänischen Kollegen Jan Sørensen und Hendrik Sten Nielsen (beide BUDDE SCHOU A/S) sowie von COHAUSZ & FLORACK Andreas Thielmann (Verletzungsverfahren und Höheverfahren) und Jan Ackermann (Besichtigungsverfahren) mit.

Nun bleibt abzuwarten, wie hoch der Schadensersatzanspruch der Klägerin vom OLG Braunschweig bewertet werden wird.

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