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Beseitigung des patentverletzenden Umstandes durch Umbau (OLG Karlsruhe)

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2023 – 6 U 140/21

Entscheidungsstichwort:

Druckwellenbehandlung

Normenketten:

EPÜ Art. 64 Abs. 1, Abs. 3

PatG § 9 S. 2 Nr. 1, § 10 Abs. 1, § 140a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4

Leitsätze:

  1. Die vollständige physische Vernichtung eines unmittelbar patentverletzenden Erzeugnisses kann nicht verlangt werden, wenn sie unverhältnismäßig ist. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der patentverletzende Zustand auf andere Weise - wie z.B. durch einen Umbau - beseitigt werden kann.
  2. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung sind nicht nur die Belange des Verletzers, sondern auch die Interessen des (davon verschiedenen) Eigentümers sowie Generalprävention und mit der Vernichtung beabsichtigte Sanktionierung in Betracht zu ziehen. Die Anordnung der Vernichtung durch Zerstörung kann unter Abwägung aller Umstände wegen der einerseits leicht durch ein Software-Update zu implementierenden klagepatentfreien Lösung und andererseits dem erheblichen Wert der angegriffenen Gesamtvorrichtung bei einem durchschnittlichen Verschulden und der ausreichenden Generalprävention und Sanktion unverhältnismäßig sein.
  3. Dass dem Verletzer statt der Vernichtung im Sinne der Zerstörung ein Umbau (hier Software-Update) der Verletzungsgegenstände zu einer patentfreien Konstruktion gestattet wird, besagt noch nicht, dass dieselbe Einschränkung auch beim Rückruf gemäß § 140a Abs. 3 PatG generell berechtigt wäre und vorzunehmen ist. Es kann vielmehr auch dann, wenn bereits eine Veränderung eines Teils der Gesamtvorrichtung irreversibel aus der Patent-verletzung herausführt, gleichwohl der Anspruch unbeschränkt bestehen, wenn gerade dessen patentgemäße Ausgestaltung der Grund für den Verkauf des Gegenstands gewesen ist und der Verletzer dann den Kundenstamm, den er maßgeblich der Patentverletzung verdankt, sich durch die Lieferung der Ausweichtechnik erhalten würde.
  4. Die Anordnung der Vernichtung im Wege des „Umbaus“ kann durch Herausgabe an den Gerichtsvollzieher und der Vornahme der Handlung bei ihm und unter seiner Aufsicht erfolgen.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2023 – 6 U 140/21

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